Bürgerstiftung Breuberg


Am 18. März traf sich wie jedes Jahr eine größere Gruppe Breuberger Bürger am alten Markt in Neustadt zum Gedenken an die Deportation der beiden letzten jüdischen Familien in Neustadt, Kempe und Marx, im Jahr 1942. Rainer Jakobs vom Vorstand der Bürgerstiftung begrüßte die Gruppe und bedankte sich für ihr Kommen, besonders bei den Schülern und Schülerinnen der 7. Klasse der GAS, die wieder mit Pfarrer Jekel gekommen waren, um die acht Stolpersteine am alten Marktplatz und vor dem Wartehäuschen zu reinigen und zu polieren.

Er erinnerte an die Anfänge des Projekts in Neustadt und besonders an das Engagement des Stifters Norbert Sauer. Auf seine Initiative hin hatte Gunter Demnig am 18. März 2009 an dieser Stelle fünf Stolpersteine verlegt, versehen mit den Namen Siegfried, Rosa, Erich Josef, Kurt und Mathilde Marx sowie schräg gegenüber die drei, die an Moses, Julie und Ludwig Kempe erinnern. Diese Stolpersteine waren die ersten im Odenwaldkreis.

In Vorbereitung hierzu hatte Norbert Sauer 2008 in der Breuberghalle den Dokumentarfilm Stolperstein von Doris Dörrie vorgestellt. Der Film begleitet die Aktivitäten des Künstlers in Deutschland und Europa. Seit dem Start vor über 30 Jahren ist die Zahl der Stolpersteine im Odenwald, in Deutschland und in vielen europäischen Ländern stark angestiegen. Den 100.000. Stolperstein verlegte Gunter Demnig 2023 in Nürnberg. Bislang liegen 116.000 Stolpersteine in über 1860 Kommunen in 31 europäischen Ländern, die meisten davon in Deutschland. Das KunstDenkmal ist damit das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

Auch in diesem Jahr wurden die Namen der Toten und ihr Lebensalter von den Schülern und Schülerinnen vorgelesen – Mathilde Marx, Siegfried Marx, Rosa Marx, Kurt Marx, Erich Josef Marx und Moses Kempe, Ernst Ludwig Kempe sowie Julie Kempe. Hinzugefügt wurde:

„Es ist wichtig, dass wir die Namen dieser Menschen nicht vergessen. Es ist wichtig, dass wir uns erinnern, damit sich nicht wiederholt, was sie erleiden mussten.“

Norbert Sauer hat sich bei allen Treffen engagiert und über seine Motivation für diese Initiative berichtet und seine persönliche Freund-schaft zu einer jüdischen Familie.

Norbert Sauer verstarb am 17. Juni 2024. Wir sind ihm sehr dankbar für sein intensives Engagement bei der Bürgerstiftung Breuberg, nicht nur für dieses Projekt, sondern auch für andere, die er initiiert oder intensiv begleitet hat. Er fehlt uns.

Im letzten Jahr hatten Schüler und Schülerinnen der Klasse 10G mit ihrer Geschichtslehrerin Hanna Reus ihr Projekt Stolperstein vorgestellt. Die Projektgruppe hatte im Stadtarchiv in Neustadt die Unterlagen über die beiden Familien gesichtet und stellte ihre Ergebnisse in zwei Präsentationen vor. Das Material aus diesem Projekt sollte später über einen QR-Code direkt zugänglich gemacht werden.

Inzwischen ist das Projekt weiter fortgeschritten, die Ergebnisse sind auf der Homepage der GAS über einen QR-Code einzusehen. An diesem Tag wurde von den ehemaligen Schülern ein Schild mit dem QR-Code an die erste Stadträtin Ute Kowarschik übergeben. In nächster Zeit wird eine Plakette mit dem QR-Code am Brunnen installiert werden, um die Informationen allen Interessierten zugänglich zu machen.

Im Anschluss erinnerte Rainer Jakobs u.a. an die Geschehnisse in der Weimarer Republik mit dem Resultat der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Die Geschichte der Weimarer Republik darf sich bei uns nicht wiederholen, wir benötigen eine funktionierende wehrhafte Demokratie.

Er zeigte weiterhin auf, dass der 18. März bisher für uns nur einen lokalen Aspekt hatte. Die in Frankfurt ansässige Stiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“, die die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der wechselvollen deutschen Demokratiegeschichte fördert, will die Bedeutung des 18. März als Tag der Erinnerung stärken. Sie zitiert unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der zum 175. Jahrestag (2023) der Märzrevolution von 1848 gesagt hatte: „Der 18. März steht für Freiheit, Gleichheit und Mitmenschlichkeit – er ist das Herzstück der deutschen Demokratie.“

Auch fanden am 18. März 1990 in der DDR die ersten und letzten freien Volkskammerwahlen statt – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Einheit.

Zum Abschluss bedankte sich Rainer Jakobs sehr herzlich bei Herrn Jekel und den Schülern und Schülerinnen für die Mithilfe und ihr Engagement sowohl an diesem Tag als auch für die besondere Arbeit am Projekt Stolperstein, dem Stadtarchiv für die anhaltende Unterstützung und den Teilnehmern, die zum Gedenken gekommen waren. CS